Wir im Kreis Böblingen.

SPD im Kreis Böblingen

Haushalt 2010 der Stadt Böblingen

Veröffentlicht am 18.12.2009 in Fraktion
 

Haushaltsrede Herbert Protze, SPD-Fraktion am 16.12.2009

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Herr Schwarz, Frau Kraayvanger, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren:

Da soll noch mal einer sagen, ein Sozialdemokrat könne nicht mit Geld umgehen. 24 Jahre legte unser Oberbürgermeister einen Haushalt vor, der solide finanziert ist, auf Kontinuität setzt und das Sinnvolle und Wünschenswerte mit dem Machbaren verknüpft. Auch in diesem wirtschaftlich schwierigen Jahr kann sich unser Haushalt sehen lassen. Zwar werden die Rücklagen weniger und mittelfristig sind nach der aktuellen Nullverschuldung im Kernhaushalt wieder Kreditaufnahmen erforderlich. Trotzdem sind wir, ist Böblingen gut aufgestellt. Wir brauchen den interkommunalen Vergleich nach wie vor nicht scheuen und bieten eine hervorragende Infrastruktur bei niedrigen Hebesätzen und Gebühren. Dies ist Ergebnis einer vorausschauenden Politik und die zahlt sich jetzt aus.
Investitionen in so genannte rentierliche Projekte statt in Prestigeobjekte erhalten uns den Handlungsspielraum - auch in einer finanziell angespannten Situation.
Für manche Städte mag Friedrich Schillers Spruch gelten: „Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach, es wankt der Grund, auf dem wir bauen“ – nicht für Böblingen. Statt hoher Aufwendungen für Zins und Tilgungsleistungen können wir weiter in die Infrastruktur investieren und die gesetzlichen Anforderungen zum Ausbau der Kinderbetreuung erfüllen.
Während andere Städte massive Kürzungen beim Personal und den Freiwilligkeitsleistungen vornehmen, Angebote reduzieren und Gebühren erhöhen, haben wir den notwendigen Spielraum für Investitionen. Es wäre doch schlimm, wenn z.B. die Überdeckelung der A81 nochmals verschoben werden müsste, weil wir den auf uns entfallenden Anteil in Höhe von 6,9 Mio. € nicht aufbringen könnten. Da kann man nur hoffen, dass die Partner Bund, Land und Kreis nicht weiter klamm werden. Im neuesten Haushaltserlass werden uns die Zuweisungen vom Land ab 2011 um weitere 3 Mio. € jährlich gekürzt. Die Auswirkungen des Haushaltserlasses auf dem Umweg über den Landkreis führen zu weiteren 3 Mio. € jährlich, die fehlen werden, wenn die Kreisumlage auf unvorstellbare 43 % steigen könnte. Da kann man für die Zeit nach 2010 düster sehen.
Trotzdem gilt, dass man als guter Steuermann antizyklisch wirken muss. Wenn es gut läuft, muss man die Euphorie und das Geldausgeben bremsen und muss Rücklagen bilden. Wenn es eng wird und der Pessimismus überhand nimmt, muss man Gas geben. So braucht es einem nicht Bange werden, wenn vorübergehend Kredite aufgenommen werden, es stehen schließlich geschaffene Werte, z.B. im Flugfeld oder bei den Stadtwerken, dagegen. Schwieriger wird es, wenn keine ausreichende Zuführung vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt geleistet werden kann, oder sich gar eine negative Zuführung ergibt. Wie im privaten Haushalt ist es eben auch im städtischen nicht gut, wenn der Konsum auf Pump finanziert wird. Das sollte, das muss die Ausnahme bleiben.
Die meisten Gelder fließen 2010 in den Ausbau der Kinderbetreuung und hier insbesondere in den Ausbau der U3-Betreuung und die Hortbetreuung. Und das ist auch gut so, denn den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen mit der zunehmenden Forderung nach besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wollen wir unbedingt mit passenden Konzepten begegnen.
Problematisch dabei ist jedoch, dass diejenigen die bestellen, nämlich Bund und Land, nicht diejenigen sind, die auch bezahlen; zumindest nicht in ausreichender Form. Dem Sinne nach getreu den Bremer Stadtmusikanten: Oben wird laut gekräht – die Esel unten müssen die Last tragen. Spätestens mit der verbindlichen Einführung des Orientierungsplans für Bildung und Erziehung in Kinder-Tageseinrichtungen durch die Landesregierung ist klar geworden, dass Kindergärten Teil der Bildungseinrichtungen sind. Und Bildung für Kinder ist in Deutschland kostenlos. Wenn also der Kindergarten Kinder bilden und auf die Schule vorbereiten soll, muss die Finanzierung weder durch die Eltern noch durch die Kommunen, sondern durch Bund und Land erfolgen. Kein Geld da, das hören wir dann immer wieder. Ich sage, wir von der SPD sagen, es ist genügend Geld da – nur die Prioritäten sind eben anders gesetzt.
Im Rahmen des von der Bundesregierung verabschiedeten „Wachstumsbeschleunigungsgesetzes“ – das einzige was dabei wächst, ist der Frust der Bevölkerung – werden u. a. Kindergeld und Kinderfreibeträge erhöht. Warum müssen Besserverdienende über die höheren Freibeträge eigentlich doppelt so viel mehr bekommen, wie Normalverdiener? Warum müssen Harz IV Empfänger gar keine Erhöhung bekommen, weil diese mit den Leistungen verrechnet wird? Mit den 20 € Kindergelderhöhung könnte ein komplettes Kindergartenjahr finanziert werden und mit den geplanten 150 € Betreuungsgeld für Kinder, die nicht in den Kindergarten gehen, könnte wahrscheinlich ein zweites oder gar drittes Jahr finanziert werden. Eine völlig falsche Politik mit verheerenden Signalen.
Der Böblinger Gemeinderat setzt noch eins obendrauf, indem er, wie letztes Jahr beschlossen, die einkommensabhängigen Gebühren abschafft. Mit dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten, Besserverdienende in Böblingen ca. 30% weniger Kindergartengebühren bezahlen, als Normalverdiener. Ich schäme mich für diesen Sachverhalt. Die SPD hat ja bekanntlich für einen Antrag, diesen Missstand zu ändern, keine Mehrheit erhalten.
Da ist es doch klar wie Kloßbrühe und absolut konsequent, wenn wir als SPD-Fraktion nun einen Antrag stellen, zunächst das 3. Regelkindergartenjahr kostenfrei zu stellen. Ja, die Haushaltslage ist schlechter geworden, der Zeitpunkt mag nicht passen, Es geht aber darum, politische Signale zu setzen, es geht darum Prioritäten zu setzen, auch, wenn es im Haushalt zunächst einmal weh tut. Und wenn die politischen Forderungen über den Städtetag nach „oben“ getragen werden und letztendlich die Kindergartengebühren bundesweit abgeschafft werden, können wir Böblinger stolz sein, zu den ersten gehört zu haben, die den Trend der Zeit erfasst haben.
Wir müssen uns loslösen von den Bundes- und Landesvorgaben, wenn diese einfach unsinnig sind und letztendlich nur der Bedienung eigener Klientel dienen. Ganz aktuell ging eine Meldung über den Ticker, dass die Landesregierung die Wohnbaufördermittel für junge Familien von 120 auf 48 Mio. €, also um 60% kürzt. Das ist ein Wachstumsbremsgesetz mit Arbeitsplatz-Verlustgarantie für die Baubranche! Kinderland Baden Württemberg also nur auf dem Papier? Ach nein, die jungen Familien können ja künftig, wenn sie sich dann keine Eigenheime mehr leisten können, billiger in Hotels übernachten.
Da müssen wir dann eben selbst aktiv werden und, wie von der SPD gefordert, ein Wohnbauförderbauprogramm für die Innenstadt auflegen. Dies kann man prima verknüpfen mit Aufgaben der Stadtentwicklung und mit einer Anreizfinanzierung den Reiz der Innenstadt erhöhen.
Wer in der Innenstadt wohnt, will auch – wie viele andere natürlich auch – in der Innenstadt einkaufen. Böblingen muss wieder zur Einkaufsstadt werden. Mit unserer Strukturoffensive Böblingen Mitte sind wir da auf einem guten Weg. Nach der gelungenen Verlegung des Busbahnhofs ist der Weg für den Investor für ein neues Einkaufszentrum frei. Mit dem geplanten Umbau des Bahnhofs und der Errichtung einer breiten Bahnhofsunterführung wird der Bahnnutzer freundlicher in Böblingen empfangen und mit dem Beschluss zur Einführung einer Fußgängerzone in der Bahnhofstrasse ist für alle Beteiligten die viel zitierte Planungssicherheit gegeben. Natürlich ist der Starttermin für die Fußgängerzone mit den geplanten Maßnahmen – auch mit dem geplanten Neubau der Kreissparkasse- abzustimmen. Sicher ist, dass sie kommt.

Eines der wichtigsten Themen 2010 wird die Neuausrichtung der Energieversorgung sein und zwar in zweierlei Hinsicht: in ökologischer und in finanzieller: 2012 laufen die Konzessionsverträge mit der EnBW für Strom und 2014 für Gas aus. Wenn wir auch auf kommunaler Ebene das Thema Klimaschutz ernst nehmen wollen, müssen wir die Sache selbst in die Hand nehmen. Ein ausreichender Einsatz regenerativer Energie und das Beschreiten neuer Wege in der Energieversorgung sind mit dem Monopolisten EnBW nicht gewährleistet. Auch in finanzieller Hinsicht kann das Thema hoch interessant werden, wenn nämlich die Überschüsse in Böblingen bleiben. Wie das genaue Modell nun aussehen wir, ob wir die Stadtwerke zu einem Vollversorger ausbauen, oder mit einem oder mehreren Partner zusammen gehen, bleibt den Analysen und Berechnungen der nächsten Monate vorbehalten. Eines ist jedoch schon heute sicher: eine Entscheidung muss sich an den Interessen der Umwelt und der Böblinger Bevölkerung orientieren und nicht an den Interessen der Aktionäre eines Großkonzerns.

Lassen sie mich nun noch ein Paar Sätze zum Thema Städtefusion sagen. Dieses Thema ist ja letztendlich auch irgendwann haushaltsrelevant. Beim gerade praktizierten Zusammenschluss der Stadt- und Kongresshallen sieht es wohl eher so aus, dass statt den vom Sindelfinger Oberbürgermeister avisierten 10-20% Kosteneinsparungen wohl eher 10-20% Mehrkosten herauskommen. Vielleicht ist das Beispiel CCBS nicht das Paradebeispiel. Viele Kooperationen und Zweckverbände funktionieren sehr gut und wir Sozialdemokraten in beiden Städten denken, dass eine Fusion der Städte Böblingen und Sindelfingen viele Vorteile bringen kann. Trotzdem kann das Thema Städtefusion kein ausschließliches Thema für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sein. Die Menschen hüben und drüben der Autobahn haben Gefühle und Emotionen, sie haben Verstand, aber auch Herz und Bauch. Und da müssen sie abgeholt und mitgenommen werden: Bürgerbeteiligungen, Bürgerbefragungen und am Ende ein Bürgerentscheid sind erforderlich. Lassen Sie uns diesbezüglich unser Leitbild Böblingen 2020 fortentwickeln. Nur so können wir gewinnen und verhindern, dass faule Kompromisse nur zu Mehrkosten führen. Herr Vöhringer, sie müssen mit den Menschen reden, nicht über sie. So wie sie das Thema angegangen sind, kann es nur schief gehen.
Wenn wir uns diese Tage aus dem hektischen Tagesablauf zurücknehmen und uns besinnen, werden wir feststellen, dass die Existenzängste der Menschen mit der zunehmenden Auswirkung der Finanz- und Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt mehr und mehr zunehmen. Nicht erst nach dem Verlust der Produktion der C-Klasse beim Daimler in Sindelfingen, haben viele auch in unserem direkten Umfeld Sorgen um ihren Arbeitsplatz. Man muss nicht selbst beim Daimler arbeiten. Es reichen schon die Zulieferer, auf welche die Probleme nun abgewälzt werden und in Folge zahlreiche mittelbar betroffene Unternehmen, die jetzt in den Sog der Abwärtsbewegung gezogen werden. Allein das Signal ist fatal!
Auch wir können auf kommunaler Ebene einiges beitragen, Arbeit und Beschäftigung zu sichern. Sei es durch unsere Aufträge an die heimische Wirtschaft, durch Forcierung von Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing. Sei es durch attraktive Gewerbe- und Grundsteuer-Hebesätze oder durch Bereitstellung attraktiver Gewerbeflächen auf dem Flugfeld. Auch unsere hervorragende Infrastruktur für Bildung, Sport und Kultur spielt hier eine wichtige Rolle. Wirtschaftsförderung und Standortsicherung müssen zur absoluten Chefsache werden, wenn wir dem globalisierten Wettbewerb auch als Kommune Stand halten wollen.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen sie mich zum Ende des Schillerjahres nochmals zu Schiller zurückkehren. Unser Haus(-halt) ist fest gezimmert und gefügt. Der Grund auf dem wir bauen wankt nicht. In diesem Sinne wollen wir weiter arbeiten und gute Beschlüsse fassen, zum Wohle und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.

Herzlichen Dank!

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